Über Jungen und Männer
Walter Hollstein gilt als
Männerforscher. Von 2000
bis 2006 war Hollstein u.a. Professor am Institut
für Geschlechter- und Generationenforschung an
der Universität
Bremen tätig.
2013 war Walter Hollstein in der Waldorfschule in Tübingen
und hielt einen Vortrag über Männer bzw. Jungen. Der genaue
Vortragstitel ist mir entfallen. Ich fand den Vortrag sehr interessant
und versuche nun mit meinen Aufzeichnungen und meinen Erinnerungen die
Essenz des Vortrags wiederzugeben.
Er
begann damit, dass er aufzeigte, dass ADHS hauptsächlich bei Jungen
vorkommt und die Anwendung von Ritalin in den letzten 7 Jahren um 5700%
gestiegen ist. Wenn Tom Sawyer und Hackleberry Finn heute leben würden,
würden sie Ritalin bekommen.
Männer definieren sich durch Arbeit und Leistung.
Männerqualitäten werden heute gesellschaftlich oft umgedeutet:
Leistungswille wird zu Karrieregeilheit. Zeichen der Männlichkeit sind:
Anerkennung, Orientierung Vater, Vorbilder und Ideale, eigenes Tier im
Manne ist der Sex. Der Schatten ist die Aggressivität.
Die
gesellschaftlichen Normen und Handlungsmuster sind weiblich, der
Blick auf die Probleme ist weiblich. Es gibt eine intensive Mädchen- und
Frauenförderung. (Es geht nicht darum, dass die Mädchenförderung falsch
wäre, sondern darum, dass es nichts Vergleichbares für Jungen gibt).
Jungen verbringen bis zum Erwachsenenalter 80% ihrer Zeit mit Frauen. Es
gibt kaum Grundschullehrer, hauptsächlich Lehrerinnen. In Studien konnte
festgestellt werden, dass je mehr Männer als Lehrer tätig sind, die
Leistungen der Jungen besser werden und umgekehrt. Hollstein meint auch,
dass die Jungen in eine (unbewusste?) Leistungsverweigerung gehen als
Protest gegen eine weibliche Schule. Alice Schwarzer wurde mit dem Satz
zitiert: Wenn es Mädchen bessergehen soll, dann muss es Jungen
schlechter gehen.
Jungen wollen Kräfte messen, laut sein, sich ausprobieren,
raufen und trotzdem geliebt werden. Er erzählte eine Begebenheit, wo
eine Grundschule eine neue Direktorin bekam. Sie ließ den Bolzplatz, wo
die Jungen in der Pause ihre Kräfte maßen, in einen Ort der
Kommunikation umwandeln.
Hollstein meint auch, dass ein Perspektivenwechsel notwendig
wäre und dass die Heilung des Mannes nicht über das Weibliche
geht.
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Soweit Walter Hollstein mit seinem Vortrag, so wie ich seine
Worte verstanden habe. Männliches und Weibliches hat den gleichen
Stellenwert und so sollte es sich auch in der Erziehung und in den
gesellschaftlichen Werten abbilden.
In Aufstellungen und
Therapiesitzungen mache ich die Erfahrung, dass der Vater eine wichtige
Rolle spielt, wenn es um Schule und Beruf geht. Da geht es um
Anerkennung, das ist das was von männlicher Seite (Vater) kommen muss.
Das gilt sowohl für Jungen als auch für Mädchen. Wenn die Anerkennung
vom Vater nicht kommt, dann fehlt etwas ganz Wesentliches. Die
Anerkennung seitens der Mutter hat meistens nicht die Kraft wie vom
Vater. Die Mutter gibt Aufmerksamkeit, was genau so wichtig
ist. Wenn jemand in Schule oder Beruf Probleme hat, dann lohnt es
sich auf die Beziehung zum Vater zu
schauen.