Eigene Identität finden
In fast jedem Aufstellungsseminar kommt das
Thema des ungeborenen Zwillings hoch. Und immer sind diese Menschen als
überlebender Zwilling - nach meiner Erfahrung
- hochsensibel. Siehe dazu:
https://www.jetzt.de/familie/traumata-um-verlorenen-zwilling
In
dem folgenden Erfahrungsbericht wird gezeigt, wie ein ungeborener
männlicher Zwilling in Verbindung mit der Erwartungshaltung des Vaters,
die Klientin in ihrer eigenen Identität beeinflußt hat.
In einem meiner Aufstellungsseminar hatte eine Klientin das Anliegen,
dass sie mehr ihre eigene Weiblichkeit leben möchte. Nach ihren eigenen
Aussagen hat sie jede Menge Baumarkt Heimwerker Geräte zu Hause und kann
sie auch sehr gut benutzen. Sie fühlt sich nur in Hosen wohl, obwohl sie
so gerne Röcke tragen würde.
Sie sollte nun jemanden für ihre Weiblichkeit und jemanden für sich
als Stellvertreter auswählen. Für ihre Weiblichkeit wählte sie einen
Mann. Das ergab eine Irritation in der ganzen Gruppe, aber sie bestand
darauf. Für sich selbst wählte sie eine Frau.
Beim Nachfragen stellt sich heraus, dass ihr Vater immer einen Sohn
wollte und sie wurde auch so erzogen und musste männliche Aufgaben
erledigen. Für den Sohn gab es bereits einen Namen, nämlich Konrad. Ich
fragte sie, ob sie weiß was es mit der Möglichkeit des ungeborenen
Zwillings auf sich hat. Sie meinte, dass sie schon davon gehört habe.
Wir stellten eine weitere Person dazu, die sich sofort zur
Stellvertreterin der Klientin hingezogen fühlte und sofort sagte „ich
bin der Konrad“.
Nun kam plötzlich Klarheit in die Aufstellung.
Meine Hypothese
ist, dass es einen männlichen Zwilling gab, der bereits im Mutterleib
gestorben ist oder unmittelbar nach der Geburt. Für den Vater war es
eine große Enttäuschung, dass Konrad nicht geboren wurde. Die
Erwartungen an die Klientin waren die, die man an einen Jungen hat. Die
Klientin hat sich unbewusst mit Konrad identifiziert. Jetzt ergab es
auch einen Sinn, dass sie als ihre Weiblichkeit einen Mann gewählt
hat.
Nachdem sie sich in liebevoller Weise von Konrad verabschieden
konnte, kam große Erleichterung über sie.
Nach einer Woche rief mich die Klientin an und erzählte von ihrer
Erfahrung nach der Aufstellung.
Bereits auf der Heimfahrt fühlte sie
Schmerzen im Unterleib wie bei einer beginnenden Regelblutung. Das
verwunderte sie, da sie ja schon längere Zeit in der Menopause ist.
Daheim stellte sich dann heraus, dass es zu einer Schmierblutung
gekommen ist. Auch ihre Gefühle haben sich verändert. Wenn sie z.B. ein
junges Pärchen sieht, entsteht bei ihr eine große Sehnsucht nochmal die
Liebe in ihrer vollen Weiblichkeit zu erleben. Und die Werkzeuge im
Baumarkt, die immer ihre Aufmerksamkeit bekommen haben, interessieren
sie kaum noch. Mit diesen neuen weiblichen Gefühlen umzugehen ist für
sie noch ungewohnt, jedoch der große Wunsch diese Gefühle leben zu
können, scheint sich zu
erfüllen.